Um 1140 wurde am Standort der „Capella“ ein katholisches Kloster gegründet.
Die geschichtliche Aufarbeitung der Klostergründung ist schwierig, denn gesicherte Hinweise über einen Gründungsvorgang fehlen vollständig.
Datierte, umdatierte und sich auch in den Jahreszahlen widersprechende sowie viele verloren gegangene Urkunden und Dokumente machen eine Aussage beinahe unmöglich.
Die ersten Frauen kamen um 1140 in das neue Kloster Cappel; das geht aus der schlechten Quellenlage hervor.
Darüber hinaus ist belegbar, dass Cappel spätestens ab 1253 ein reines Frauenkloster und spätestens ab 1280
ein
Prämonstratenserinnen-Kloster war.
Mit anderen Worten: Seit Mitte des 13. Jahrhunderts prägen Frauenschicksale das Leben im Kloster Cappel. Diese „Mehrheitsbevölkerung“ wird sich für Jahrhunderte halten.
Neben der kirchlichen bzw. konfessionellen Zugehörigkeit des Klosters zum katholischen Prämonstratenser-Orden
Knechtsteden lässt sich
auch – seit dem 13. Jh. – die weltliche Zugehörigkeit zum Haus zur Lippe (Detmold) belegen.
Das bedeutet, dass das Haus zur Lippe mit Zuwendungen (z.B. Schenkungen von Ländereien etc.) das Leben im Kloster deutlich verbesserte; so sehr, dass Cappel
zur damaligen Zeit als eine der wohlhabendsten Institutionen des Lippstädter Raumes galt.
Im Oktober 1517 nimmt die Reformation durch die Thesen Martin Luthers in Wittenberg ihren Anfang. Der Theologe Johannes Westermann predigt ab 1524 in
der Lippstädter Brüderkirche die Neuerungen Luthers und bringt so die reformatorischen Gedanken nach Lippstadt.
1538 wurde die Grafschaft Lippe evangelisch. Gemäß dem Augsburger Religionsfrieden durfte der Landesherr bestimmen, welche Religion die Bewohner seines Landes haben.
So bemühte sich das Haus zur Lippe, aus dem katholischen Kloster Cappel ein lutherisches Stift zu machen, während das Mutterkloster Knechtsteden alles daran setzte, dass
das Kloster katholisch blieb bzw. wieder wurde - ein mehrmaliges Hin und Her, das sich zu einem beinahe 90 Jahre währendem Unterfangen entwickelte.
Nach unzähligen Auseinandersetzungen unterschiedlichster Art
kam
Graf Simon VI
im November 1588 von Detmold nach Cappel, um mit einer neuen Verordnung die
Reformation nun endgültig durchzuführen und für Ruhe zu sorgen.
Diese Verordnung gilt heute als offizieller Beginn der Umwandlung in ein evangelisches Damenstift.
An dieser Jahreszahl 1588 orientieren sich heute Jubiläumsveranstaltungen.
Es dauerte allerdings noch bis 1639 bis das katholische Prämonstratenserinnen-Kloster offiziell aufgelöst und somit dem mehrmaligen Konfessionswechsel ein Ende setzte.
Durch den Wechsel der Konfession wurden aus den katholischen Nonnen nun evangelische Stiftsfräulein. Während eine Nonne auf Lebenszeit im Orden blieb, durfte ein Stiftsfräulein heiraten.
So fungierten Stifte oft als „Aufbewahrungsanstalt“ für die Mädchen und Fräulein, deren Väter und Brüder verstorben waren. Bis zur Heirat lebten sie in einem Stift, um dann als ehrbare Frau zu ihrem Mann zu ziehen.
Alleine zu wohnen, war undenkbar; der Ruf des Fräuleins wäre ruiniert, ein gesellschaftlich anerkanntes Leben wäre ausgeschlossen.
Fürstin Pauline zur Lippe (1769-1820)
ist für ihr politisches Engagement bekannt.
Sie lebte zwar nicht im Stift, doch als lippische Exklave gehörte Cappel in ihre Obhut.
So verdankt ihr das Stift Cappel sehr viel, denn 1803 sollten die weltlichen Fürsten für linksrheinische Gebietsverluste an Frankreich abgefunden werden.
Auch das Stift Cappel stand auf der Liste der Entschädigungsgüter - und hätte dann aufgelöst werden müssen.
Als Fürstin Pauline davon erfuhr, machte sie umgehend ihren Einfluss beim Kaiser von Russland – Alexander I. – und
dem König von Preußen – Friedrich Wilhelm III. – geltend. Mit Erfolg: Es gelang Fürstin Pauline, die Existenz des Stiftes Cappel zu sichern.
Der Wandel der Gesellschaft ging nicht spurlos am Stift Cappel und den Damen vorüber.
Ein Leben als ehrbare Stiftsdame verlor im Laufe der Zeit an Bedeutung; neue Lebensformen wurden möglich, so z.B. das Alleine-Leben von Frauen.
Ab 1628 mussten alle Äbtissinnen aus dem Haus Lippe stammen.
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Prinzessin Pauline zur Lippe (1834-1906) war die letzte im Damenstift Cappel wohnende Äbtissin.
Sie ist die in Cappel bekannteste und beliebteste Äbtissin, über die Carl Laumanns 1936 folgendes schrieb: „...
die schon vor 50 Jahren
ihr Haar kurz geschnitten trug, also eine Vorkämpferin des Bubikopfes war.
Sie kutscherte selbst und mochte gern einen guten Tropfen, der ihr in späteren Jahren ein sehr „blühendes“ Aussehen verschaffte.
Bekannt war aber auch ihr wohltätiger Sinn, so dass ihre Apanage, die das Einkommen eines kommandierenden Generals in den Schatten stellte, manchmal nicht ausreichte, um ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen.
Als Prinzessin Pauline vor etwa 30 Jahren starb, hinterließ sie allerlei Schulden.
Infolgedessen wurde ihr Nachlaß bestehend aus Schmucksachen, Einrichtungsgegenständen, Kleidungsstücken, Photographien,
ja selbst Tagebüchern und Briefen in pietätloser Weise unter den Hammer gebracht.“
Die letzte Äbtissin war Prinzessin Karoline Auguste (Lilli) zur Lippe (1905-2001). Sie lebte nie im Stift.
Als sie 1932 heiratete, beschloss die Lippische Landesregierung keine neue Äbtissin zu wählen.
Die verbliebenen vier Stiftsdamen wohnten weiter im Stiftsdamenhaus, ihre Dechantin war Else Dierking (ab 1962).
„
So kam es, dass das Abteigebäude teils leer stand, teils an verschiedene Familien vermietet war (ca. 1910 bis 1933).
Von 1936 bis 1938 beherbergte es ein Mütter- und Säuglingserholungsheim der NSV. Zur Unterstützung dieser Arbeit wurde auch eine Gruppe von Arbeitsmaiden (FAD) in das Gebäude verlegt.
Die weitere Aufgabe der Arbeitsmaiden bestand in der Hilfe in bäuerlichen Betrieben und kinderreichen Familien in Cappel und Umgebung.
Das Erholungsheim wurde bald wieder aufgegeben, da die klimatischen Bedingungen ungünstig waren.“
Und da die Stiftsfräulein und die Dechantin nur einen kleinen Teil des Stiftes nutzten, standen die meisten Gebäude seit 1938 weitgehend leer.
An der Wiedenbrücker Straße 24 in Lippstadt gab es seit 1930 in einer alten Villa ein evangelisches Mädcheninternat.
Aus der Not heraus ins Leben gerufen, sollten die Mädchen des Internats den Fortbestand des evangelischen Lyceums (Höhere Töchterschule) an der Kahlenstraße gewährleisten, denn die Schule hatte zu wenige Schülerinnen.
Als 1938 das Lyceum geschlossen wurde, blieb das Internat auf Wunsch vieler Eltern und der Stadt Lippstadt trotzdem bestehen.
In den Folgejahren wandelte sich das Internat in ein Heim für Flüchtlingskinder, teils mit Familien, zuerst aus dem Ruhrgebiet, später aus den Ostgebieten.
1946 erhielt die Villa an der Wiedenbrücker Straße seine ursprüngliche Funktion zurück: es wurden neue Schülerinnen aufgenommen, die das neu gegründete Evangelische Mädchengymnasium besuchten.
Aber zeitgleich dauerte der Auszug der (Ost-)Flüchtlinge aus der Villa an der Wiedenbrücker Straße länger als erwartet, und so kam es zu einer untragbaren Überfüllung der Räumlichkeiten.
Die Evangelische Kirchengemeinde suchte eine Lösung und stieß schließlich auf das größtenteils ungenutzte Stift Cappel.
Das Abteigebäude wurde für 30 Jahre vom Lippischen Landschaftsverband gepachtet. Im Januar 1952 erfolgte der Umzug von der Wiedenbrücker Straße nach Cappel ins Stift.
Ab 1952 befand sich das Internat des Evangelischen Gymnasiums in den Räumlichkeiten des Stiftes Cappel.
Doch in den 1960er Jahren nahm die Zahl der Internatlerinnen stetig ab, so dass nach einer neuen Nutzung der Räume gesucht werden musste.
Im April 1964 wurde die Pflegevorschule für Mädchen gegründet.
In den Internatsräumen wurden vorübergehend Schülerinnen des Evangelischen Gymnasiums und der Pflegevorschule untergebracht.
Erst im Jahre 2003 wurde der Internatsbetrieb gänzlich eingestellt.
1971 beschloss die NRW-Landesregierung, dass die öffentlich-rechtliche Stiftung „Stift Cappel“ mit der öffentlich-rechtlichen Stiftung „Stift St. Marien“ in Lemgo vereinigt wird.
Das Vermögen des Stiftes Cappel geht mit allen Rechten und Pflichten auf das Lippische Damenstift St. Marien in Lemgo über.
Aus der Pflegevorschule entwickelte sich eine Berufsfachschule für Sozial- und Gesundheitswesen
namens ↗„
Stift Cappel - Berufskolleg“
in freier Trägerschaft des Evangelischen Kirchenkreises Soest und des St. Johannisstiftes Paderborn.
Der diakonische Ansatz, der (berufsmäßige) Dienst an Armen und Hilfsbedürftigen in der evangelischen Kirche, wird auch von der Schule hochgehalten.