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Bürgermeisterstab von 1525 im Stadtmuseum,
Unterwerfung des wilden Mannes
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Bürgermeister Jakob Koenen,
Amtszeit 1948 - 1974


Ehemalige Bürgermeister der Stadt Lippstadt

Eigentlich wollte ich nur „mal eben“ die Amts­zeit eines frühe­ren Bürger­meis­ters nach­gucken, als mir auf­fiel, dass ich noch gar keine Liste der Lipp­städ­ter Bürger­meis­ter habe. Und als ich über­legte, in welchem Buch ich „mal eben“ eine solche Liste nach­schlagen könnte, wurde ich spon­tan gar nicht fündig.

Derweil habe ich versucht, selber eine Liste zu er­stel­len - auf der Grund­lage eines Face­book-Posts (Danke Sev, Klaus-Martin und weitere Kommen­ta­toren) sowie aus eige­nen Notizen. Im Folgenden das Stück­werk, alle Anga­ben ohne Gewähr, Korrek­turen mir bitte mailen.

Zwischenzeitlich habe ich doch noch eine Liste im Bürger­buch von 1810 ge­fun­den. Zu meiner Über­raschung ist die Liste des Zeit­raums von 1576 bis 1805 ganze 12 Sei­ten lang, klein­geschrie­ben, mit zahl­reichen Namen, denn es gab damals eine Doppel­spitze und zudem eine jähr­liche Neu­wahl der beiden Bürger­meis­ter durch den Stadt­rat. Die lange Liste werde ich wohl nicht ab­tip­pen.


Lebenszeit Amtszeit Name Bemerkung
2020 - ... Bürgermeister Arne Moritz (CDU)
2005 - 2020 Bürgermeister Christof Sommer (CDU)
1997 - 2005 Bürgermeister Wolfgang Schwade (CDU)
*1942? ✝2012 1994 - 1997 Bürgermeister Klaus Helfmeier (SPD) letzter BM im Ehrenamt
*1937 ✝2023 1984 - 1994 Bürgermeister Franz Klocke (CDU)
*1920 ✝2017 1975 - 1984 Bürgermeisterin Frau Dr. Barbara Christ (CDU) Lebenshilfe Gründung und Vorsitzende
1974 Bürgermeister Dr. Gerhard Wolf (FDP)
*1907 ✝1974 1948 - 1974 Bürgermeister Jakob Koenen (SPD) Hallenbad: Jakob-Koenen-Bad
1935-1945 Bürgermeister Fuhrmann
1933? - 1935 Bürgermeister Simon
- 1933 Bürgermeister Gottfried Holle (Zentrum) Herbstwoche 1926 / Amtsenthebung durch NSDAP 1933
1900 - min. 1915 Bürgermeister Nohl Kriegswahrzeichen > Bernhard­brunnen
*1833 ✝1905 1871-1880 Bürgermeister Ernst Theodor Bleek Wikipedia
? Schulz / Haumann
um 1850 Bürgermeister Friedrich(?) Evertsbusch
1830-1850 Bürgermeister Friedrich Bertram Eisenbahn / Schützenkönig 1835 / Sparkasse gegründet 1842
1821? - 1830? Bürgermeister Gallenkamp
1794-1804 Bürgermeister Gilles Delhaes
Bürgermeister Johann Konrad Rose
Bau des Stadtpalais
Bürgermeister Diedrich Heinrich Andreas Zurhelle
1770 - 1792 Bürgermeister Johann Anton Arnold Möller
1766(?) - 1769 Bürgermeister Johann Heinrich Schmitz
1765-1766 Bürgermeister Johann Conrad Kellerhaus
- 1765 Bürgermeister Dr. Johann Conrad Rose
✝1721 1695-1721? Bürgermeister Diederich Ernst Zahn
*1612 ✝1689 Bürgermeister Diederich Epping Wikipedia (Eppink),
Stifter des Hochaltars in der Marienkirche,
Gutsherr auf Schenkenhof zu Effeln
1627 - Bürgermeister Christoph Epping Klosterverwalter zu Lippstadt
um 1575 Bürgermeister Ludwig Geissel Überfall Weckinghausen


Diverse Info-Schnipsel / Fundstücke

• Zur Blütezeit der Hanse im 14. Jahr­hundert, bean­spruch­ten 200 Städte für sich zur Hanse zu ge­hören, auch Lipp­stadt. Die meis­ten Städte waren weni­gen Groß­städten unter­geord­net, d.h. nur Groß­städte wie Dort­mund und Soest fuhren nach Lübeck und hat­ten Stimm­recht in der Ver­samm­lung. 1469 reiste der Lipp­städter Bürger­meis­ter Lubbert Synszemann zum Regional­tag nach Soest, um sich dort zu infor­mieren.

• Die Kahlenstraße soll nach Familie Kahle be­nannt sein, die dort ge­wohnt haben soll. Schon 1476 wurde die Calen­straße er­wähnt (Quelle: Scholand). Jost Kahle war von 1608 bis 1616 Bürger­meis­ter der Stadt Lipp­stadt (Quelle: Bürger­buch).

• Bürgermeisterstab von 1525: "... markierte im Jahr 1925 den Start­schuss für die heu­tige Samm­lung des Stadt­museums. Kurz darauf folgte [...] auch ein aufwän­dig ver­zier­ter Bürger­meis­ter­stab aus dem Jahre 1525, welcher vom dama­ligen Bürger­meis­ter (1925?) selbst an das Museum über­geben wurde und bis heute dort zu sehen ist."

• Metzger-Zunft: Das erste Metzgeramtshaus fiel am 25. Juli 1656 dem drit­ten Stadt­brand zum Opfer. Das Geld zum Bau eines neuen Hauses liehen sich die 30 Amts­brüder vom Bürger­meis­ter Klüsener. Durch die 30 Unter­schrif­ten auf dem Darlehns­vertrag sind uns die dama­ligen Mit­glieder der Metzger­amts heute über­liefert.

• "Diederich Ernst Zahn, geboren 1658, studierte Jura, wurde 1690 Auditeur [recht­licher Prüfer] bei dem hiesi­gen Gouverneur de Briquemart [Festungs­verteidi­gung], wurde Gräf­lich Lippischer Advoca­tus Fisci, seit 1695 sechs und zwanzig Jahr Bürger­meis­ter dieser Stadt, 1717 König­lich Preußi­scher Steuer­rath. Er starb 1721."

• 1761 kaufte Familie Zurhelle das Haus Köppelmann an der Langen Straße. Familie Zurhelle war eine Lipp­städter Kaufmanns­familie, aus der später auch ein Lipp­städter Bürger­meis­ter hervor­ging. Das letzte Wohn­haus der Familie Zurhelle an der Cappel­straße wurde 1908 abge­ris­sen, dort wo seit­dem das Reichs­bank­gebäude steht (ehema­lige Landes­zentral­bank).

• Ratschläge zu Ackerbau und Vieh­zucht: Am 1. Sep­tem­ber 1784 gab der Bürger­meis­ter Möller ein „Lipp­städ­ti­sches Bürger­blatt zum Nutzen des Nahrungs­standes und zur Be­för­derung gemein­nütziger Kennt­nisse“ heraus, das ein­mal im Monat nütz­liche Rat­schläge gab zu Acker­bau und Vieh­zucht und Anwei­sun­gen zur Anfer­ti­gung land­wirt­schaft­licher Geräte.

• Spenden-Tour: Die neue Turmhaube der Jakobi­kirche von 1755 konnte erst er­rich­tet wer­den, nach­dem sich der Lipp­städter Bürger­meis­ter Rose auf eine Kollekten­reise nach Nord­deutsch­land auf­ge­macht hatte.

• 1799: Der Besuch der preußischen Königin Luise, die hübsch und beliebt war, sollte DAS Groß­ereignis für Lipp­stadt des Jahres 1799 werden. Um Königin Luise gab es einen richti­gen Kult, und umso größer war die Ent­täu­schung als die Lipp­städter er­fuh­ren, dass nur der König kom­men wird. Der Lipp­städter Bürger­meis­ter schrieb sogar noch einen Brief an das Königs­haus, um sich zu er­kundi­gen, ob Luise wirk­lich nicht kommt.

• Januar 1824, die Rache der Holzdiebe: "Diebereien sind im ver­gange­nem Monat außer eini­gen Holz­dieb­stählen, die auch be­straft wurden, nicht vor­ge­kommen. Diese Bestra­fung hat wahr­schein­lich zur Folge gehabt, daß dem Bürger­meis­ter Gallenkamp zur un­nötigen Dank­sagung 42 der schöns­ten Obst­bäume auf seinem Garten, die bereits 50 Jah­re ge­stan­den haben, rein­weg abge­sägt worden sind, so daß die­selben ab­ster­ben müssen."

• Lippische Gräfin Luise als Schützen­königin: Auch in Lipp­stadt wurde 1827 die noch beste­hende Schützen­kompanie re­organi­siert, es traten ihr sofort 200 Män­ner als aktive Schützen bei. Fast hätte es Streit ge­geben, denn die Lipp­städter hat­ten die Satzung zu­erst dem Nach­folger der Klever, der preußi­schen Regierung in Arns­berg zur Geneh­mi­gung vor­gelegt. Die Lipper in Detmold fühl­ten sich da­durch sehr ge­kränkt, war es doch das Haus Lippe ge­wesen, das von Beginn an und aus­schließ­lich eine enge Be­ziehung zum Schützenverein hat­ten. Doch als wenige Jahre später (1834) der preußi­sche Offizier und Bürger­meis­ter Bertram den Vogel ab­schoss und sich die lippische Gräfin Luise zur Schützen­königin er­wählte, war alles wieder im Lot.

• Gründung der „Spar-Casse“: Bürgermeister Bertram verpflich­tete am 10. Dezember 1841 die Mit­glieder der Sparkassen­verwal­tung mit Hand­schlag. Dabei händigte er den Adminis­trato­ren 500 Quit­tungs­bücher und Statuten aus und bat sie die Spar-Casse mit dem 1. Januar 1842 zu er­öff­nen und dem Publicum be­kannt zu machen.

• Zimmer im Rathaus: Der Oberlehrer Franz Kersting schrieb 1905 über den gelun­genen Umbau des Rat­hauses: "Unten befinden sich die Wacht­stube und das Polizei­kommissa­riat, Standes­amt, Geschäfts­zimmer für Steuer­sachen, Stadt­kasse, Spar­kasse nebst feuer­fester Kammer, Wohnung des Kastellans und drei Arrest­zellen; oben sind dagegen Stadt­bauamt, Zivil­trauungs­zimmer, Stadt­verordneten­saal, Magistrats­zimmer, Kanzlei, die Zimmer für den Bürger­meis­ter und Stadt­sekretär sowie die Akten­stube unter­gebracht."

• Bei Kriegsende besetzen zuerst US-amerika­nische Truppen, später britische Trup­pen Lipp­stadt, zer­stör­ten die alten Struk­tu­ren und sorg­ten für einen demokra­tischen Neu­anfang. 1948 wurde der Polsterer­meister und SPD-Politi­ker Jakob Koenen der erste Nachkriegs­bürgermeis­ter der Stadt und blieb es bis zu seinem Tod 1974.

• Dr. Barbara Christ: "Die gebürtige Lipp­städterin hatte sich 1952 als Kinder­ärztin in Lipp­stadt nieder­ge­lassen. Vier Jahre später trat sie in den Stadt­rat ein. 1975 wurde sie zur Bürger­meis­terin ge­wählt. 21 Jah­re lang war sie Vor­sit­zende der Lebens­hilfe. Sie er­hielt die goldene Plakette des Paritä­tischen Wohl­fahrts­verbands, das Ehren­kreuz der Bundeswehr, den Ehren­ring der Stadt Lipp­stadt, und wurde als erste Frau Ehren­bürgerin der Stadt." (Quelle: Der Patriot, 21.09.2017)

• Am 28. November 2008 konnten Christof Sommer und Hamms Ober­Bürger­meis­ter die frohe Bot­schaft ver­künden: Lipp­stadt und Hamm be­kom­men eine von drei neuen staat­lichen Hochschulen in NRW.



Stadtdirektor

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Nordrhein-West­falen das so­ge­nannte Zwei­säulen­modell einge­führt. Es trennte die poli­tische Leitung (Bürger­meis­ter) von der Verwaltungs­spitze (Stadt­direktor). Der ehren­amt­liche Bürger­meis­ter war Vor­sitzen­der des Stadt­rats und Repräsen­tant der Stadt. Der haupt­amt­liche Stadt­direktor war Ver­waltungs­chef und lei­tete die Stadt­verwal­tung operativ.

Doch diese Doppelstruktur wurde durch eine kommunale Verfassungs­reform von 1994 wieder abge­schafft. Seit den Kommunal­wahlen im Jahr 1999 gibt es in NRW nur noch den Bürger­meis­ter, seither haupt­amtlich tätig, direkt von den Bürgern ge­wählt und nun auch Verwal­tungs­chef. Diese Änderung sollte die Entschei­dungs­prozesse in den Kommunen ver­ein­fachen und klarere Verant­wort­lich­keiten schaffen.

Lippstadts Stadtdirektoren waren Franz Harrenlamp (Amts­zeit bis 1958), Friedrich Wilhelm Herhaus (1958 bis 1989) und Klaus Karl Kaster (1989 bis 1997).


Im Mittelalter

Bereits die Lippstädter Stadtrechts-Urkunde (vermut­lich von 1220) nennt wört­lich „die Bürger­meis­ter“, d.h. es gab damals immer zwei Bürger­meis­ter. Im Lipp­städter Bürger­buch über den Zeit­raum von 1576 bis 1805 kann man er­ken­nen, wie jedes Jahr zwei neue Namen ge­nannt werden. Die Bürger­meis­ter wurden vom Stadtrat ge­wählt und hatten eine ein­jährige Amts­zeit, um Macht­konzen­tra­tion zu ver­meiden.

Im Hochmittelalter war es nicht selbst­verständ­lich, dass eine Stadt über­haupt einen Bürger­meis­ter hatte. Das war vom Landes­herrn ab­hängig und ob er seiner Stadt eine Selbst­verwal­tung zuge­stehen wollte oder nicht. Anfangs lag die Ver­waltung oft in den Händen eines vom Stadt­herrn ein­ge­setzten Vogts oder Schultheißen. Diese handel­ten im Auf­trag des Stadt­herrn und ver­traten seine Inte­ressen.

Die Lippstädter hatten das Glück, die Nachbar­stadt von Soest zu sein, wo es das erste im deutschen Raum auf­ge­zeichnete Stadt­recht gab. Das Lipp­städter Stadt­recht wurde beim Soester ab­ge­schrie­ben. Das Soester Stadt­recht war im Ver­gleich mit anderen (späteren) mittel­alter­lichen Stadt­rechten unge­wöhn­lich frei­zügig - es bot den Bürgern viel Autono­mie und Schutz­rechte. Dies trug mit zur wirt­schaft­lichen und politi­schen Blüte der Stadt Soest bei, die damals eine der größ­ten Städte des Mittel­alters wurde.

Und so kam Lippstadt von Anfang an zu einem Stadt­rat und Bürger­meis­tern. Die Rats­herren ge­hörten höchst­wahr­schein­lich der neuen Kaufmanns-Elite an (Orts­adel, Patriziat). Formal waren die Ämter nicht erb­lich, jedoch ent­wickelte sich in vielen Städten eine ge­schlos­sene Ober­schicht mit dynastie­artige Struk­turen: Reiche Familien heira­te­ten unter­einander und ver­schaff­ten ihren Söhnen durch Bildung, Geld und Netz­werke die besten Chancen auf ein Amt (Ämter­patriziat).

Ab dem Spätmittelalter forderten Hand­werker/Zünfte und später das Bürger­tum mehr Mit­sprache. Und danach ge­lang auch neuen Berufen ein wirt­schaft­licher Erfolg, z.B. Bankiers und Manufaktur­besitzern. In vielen deutschen Staaten wurden kommunale Ver­fas­sungen moderni­siert (z.B. die preußi­sche Städte­ordnung von 1808), wo­durch bürger­liche Gleich­berechti­gung ge­fördert wurde.

Parteien entstanden in Deutsch­land erst ab der Mitte des 19. Jahr­hunderts und festig­ten sich erst während der Weimarer Repu­blik. Heutzutage ist für politi­sche Posten über­wiegend ein lang­jähriges Engage­ment als Partei­mitglied aus­schlag­gebend.

Text: Jörg Rosenthal.
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